"Der Weg der Pflicht" (Henry James) Podcast Por  arte de portada

"Der Weg der Pflicht" (Henry James)

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Henry James gilt international als einer der erzähl- und psychologisch raffiniertesten englischsprachigen Autoren des späten 19. Jahrhunderts. Deutsche Verlage jedoch geben Novellensammlungen heraus, die Titel wie „Gespenstergeschichten“ tragen – was die Erzählungen banaler wirken lässt als sie sind. James ist kein Unterhaltungsschriftsteller! Woanders ist die Rede davon, dass James Klatschgeschichten auf hohem Niveau geschrieben hätte. Und ja, dieser Autor verwendet ab und an solche Geschichten, doch es geht ihm im Grunde um etwas ganz anderes: um die Psychologie des zwischenmenschlichen Geschehens und die des Erzählens.

In seiner Literatur kann es dann auch mal sein, dass ein Erzähler erst einmal eben nicht erzählt, was geschehen ist zwischen zwei Menschen/Figuren, sondern davon, unter welchen Umständen er sich selbst für die Vermeidung der „Enthüllung“ der Beziehung der beiden entschied. Zunächst ist in „Der Weg der Pflicht“ also gar nichts zu erfahren über die ganze Sache, um die sich eigentlich alles drehen sollte. Ob die Geschichte, für die sich zwei neugierige Damen so sehr interessieren, gut angeht und ausgeht, ob die beiden Figuren zusammenkommen, ob das überhaupt möglich war ... Das erfahren die Leser und Hörerinnen, wenn überhaupt, erst in späteren Kapiteln.

Heute veröffentlichen wir das erste Kapitel der ganzen Geschichte, einen hochgradig selbstreflexiven Text, der für sich steht. Es ist ein Werk rund ums Zögern, um die Vermeidung – und die Gründe für das Zögern und das Vermeiden des Erzählens. Ein Text, der sich selbst zu begleiten scheint, der seine Entstehung zu erklären versucht, aber eben doch nicht so ganz. Ein Spiel mit dem Leser und der Hörerin. So war das in der Blütezeit der modernen Literatur: Nicht immer, aber sehr häufig dreht sie sich auch um sich selbst und ihre Wirkung auf das Publikum. Und hier, in James’ beeindruckendem Text, finden wir ein überragendes Beispiel für jene Werke am Ende des 19. Jahrhunderts, die den Weg bahnten für die Jahrzehnte später einsetzende neue Literatur-Ästhetik, deren berühmteste Vertreter Marcel Proust, James Joyce und Franz Kafka sind. Deren Vorläufer Henry James schrieb „Der Weg der Pflicht“ im Jahr 1884. Ingrid Rein übersetzte das Werk hervorragend ins Deutsche. Es liest Markus von Hagen.

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