Mein Großvater war ein Science-Fiction-Fan, lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab. Er las Zukunftsromane und neben den Romanen anderer Autoren, war er ausgesprochener Liebhaber (die Bezeichnung Fan gab es hierzulande auch noch nicht) von Jules Verne. Warum erwähne ich das? Nun, weil mein Großvater mich das Lesen lehrte… also nicht nur die Aneinanderreihung von Buchstaben, sondern das Erfassen von Texten. Und er war es auch, der mir meine ersten Bücher schenkte – unter anderem Jules Verne-Romane. Damit war die Neugierde auf diese Art Literatur geweckt.
Will man sich heutzutage mit der Literatur Jules Vernes, der oft als der „Vater der Science- Fiction-Literatur“ genannt wird, beschäftigen, muss man lernen, dass damals das Genre offenbar nicht nur auf den technisch-wissenschaftlichen Themenkreis beschränkt gewesen ist und so hat mein Großvater wirklich eher Zukunftsromane gelesen. Heute gibt es innerhalb des Genres Science-Fiction ganz unterschiedliche Unterbegriffe – Von Hard-Science-Fiction bis Space-Opera, von Military-Science-Fiction bis Steam-Punk. Ein Beispiel dafür was heute Steam-Punk genannt würde, ist der hier vorliegende Jules Verne-Roman: „Die Kinder des Kapitän Grant“
Jules Verne (1829 – 1905) gilt in Frankreich als einer der Großen der nationalen Literatur. Er war der Autor, der die Epoche des technischen Fortschritts und der letzten großen Entdeckungsreisen in seinem Werk verarbeitete, was in Europa und Amerika erfolgreich war (einige seiner Romane werden bis heute ständig neu aufgelegt). Sein Werk, hauptsächlich seine Romane, sind sehr populär und werden auch heute noch gerne gelesen; sie wurden sogar auf die Bühne gebracht und verfilmt; was seine Popularität auch weltweit förderte. So erhielt z.B. das erste Atom-U-Boot den Namen Nautilus – wie das berühmte U-Boot des Jules Verne-Helden, Kapitän Nemo.
Zum Buch: Der Roman „Die Kinder des Kapitän Grant“ erschien in Frankreich erstmals 1867/1868 in drei Bänden unter dem französischen Titel „Les Enfants du Capitaine Grant“. Wegen der damals schon großen Popularität von Jules Verne in Deutschland, erschien der Titel als deutschsprachigen Ausgabe schon 1875 unter dem vorliegenden Titel. Das ist umso bemerkenswerter, da wegen des beträchtlichen Umfangs, eine nicht unerhebliche Übersetzungsleistung nötig war. Das hier vorgestellte Buch entspricht der Originalausgabe.
Alles beginnt recht harmlos: Mit einer Jungfernfahrt seiner neuen Dampfjacht, sticht der schottische Lord Glenarvan in See. Eines Tages findet die Crew eine Flaschenpost mit einem Hilferuf des verschollenen Kapitäns Grant, der offenbar einen Schiffbruch erlitten hatte. Das Dokument ist vom Salzwasser beschädigt und so kann man die geographischen Daten nur den Breitengrad erkennen: 37° 11‘ Süd. Das Problem: Die Längengrad-Bezeichnung ist nicht lesbar. Aus den Bruchstücken weiterer Textteile schließt man, dass das ganze wohl vor Patagonien/Argentinien passierte und beschließ eine Rettungsaktion.
Die „Duncan“ (so der Name der Yacht) wird im Heimathafen für die Expedition ausgerüstet und die Expeditionsteilnehmer gehen an bord; mit dabei, die Kinder des Kapitän Grant... und ein zerstreuter französischer Professor, der Geograf Jacques Paganel, der die wissenschaftliche Beratung übernehmen soll. Die Expedition startet, aber am vermuteten Punkt am Südamerikanischen Kontinent ist nicht zu finden. Deshalb beschließt man, exakt auf dem angegebenen Breitengrad, auf gerader Linie den Kontinent zu durchqueren und hofft, den Kapitän auf dem Wege zu finden.
Nach vielen Abenteuern, Naturkatastrophen und Mühen, Nach Pampa Durch- und Anden Überquerung, gelangt man wieder an die Küste… auf der anderen Seite des Kontinents und hatte keinen Erfolg. Es bleibt nichts anderes übrig, als dem Breitengrad weiter zu folgen und wäre es rund um die Erde. Nächste Station wäre wohl Australien und alle Inseln, die auf dem Wege zu finden sind. Hier endet der erste Teil.
Schlussbemerkungen: Eine Bibliothek ohne die Klassiker, auch wenn sie nicht den bevorzugten Lesestoff enthalten mögen, ist keine richtige Bibliothek. Wenigstens eine Ecke sollte für die Klassiker der Weltliteratur reserviert sein. Jetzt könnte man trefflich darüber streiten, welche Autoren und/oder Werke zu dieser Klassischen Literatur gezählt werden müssen. Kein Streit kann es aber um diesen Autor und dessen Werk geben.
Darüber hinaus wird heutzutage aus den Klassikern des Jules Verne wieder begehrte „zeitgenössische“ Werke, jedenfalls für jene Menschen, die sich der Lebensart des Steam-Punks verschrieben haben. Aber nicht nur für jene ist dieser Roman ein Lesevergnügen, sondern für alle Leute, die sich ein paar ruhige (Lese-)Stunden machen möchten, ohne diese neumodische Eigenart, sich ständig die Nerven strapazieren zu lassen. In Gedenken an meine Kindheit und Jugend in den 1960ern… und an meinen lieben Großvater, der quasi diese Besprechung veranlasst hat. Die Besprechung des zweiten Bandes folgt. Viel Vergnügen.